Frostnacht

Titel FrostnachtEs beginnt mit einer durchaus normalen Familiensituation in gut bürgerlichem Hause, eine typische Szene eines Elternpaares mit ihrer pubertierenden Tochter. Marias abweisendes, aggressives Verhalten signalisiert jedoch zunehmend eine tiefgreifende Verstörtheit.

Einer Therapeutin gelingt es allmählich, aus den verschlüsselten Äusserungen ihrer Patientin die Vorgeschichte zu erahnen und dem Verdacht einer entgleisten Beziehung zwischen Vater und Tochter auf die Spur zu kommen.

Dem Autor gelingt es eindrucksvoll, das Dilemma zu vermitteln, das sich auftut, wenn keine eindeutigen Hinweise existieren, die Ahnung eines Missbrauchs elterlicher Macht jedoch immer erdrückender wird.

Das Stück macht deutlich, dass nicht die Tat das Tabu ist, sondern das Sprechen darüber. Es ist uns ein Anliegen, das Schweigen zu brechen.

Termine

Fr. 27.02. + Sa. 28.02.2015
Fr. 06.03. + Sa. 07.03.2015
Sa. 14.03.2015
Fr. 27.03. + Sa. 28.03.2015
jeweils 20.00 Uhr

Do. 12.03.2015 15.30 Uhr – Geschlossene Veranstaltung für päd. Fachkräfte

Ort: Bad Tölz, Kulturhaus Alte Madlschule, Schulgasse 3

Regie: Ulla Haehn

In den Rollen: Doris Heinisch, Anselm von Huene, Stephan Konrad, Verena Peck, Susanne Pienkowski

Maske: Martha Scholler

Licht & Technik: Sebastian Otto & Josef Windischmann

Plakatgestaltung: Julia Stelz, SiJU Printmediengestaltung & Webdesign, Bad Tölz

Tonaufnahmen: Leonhard Schüller, LMS Sound Service, Bad Tölz

Ensemble

Ulla Haehn (Regie)

Warum dieses Stück? Sollte Theater, insbesondere Laientheater, nicht in erster Linie der kurzweiligen Unterhaltung dienen? Diese Meinung teile ich nur bedingt.

Ich sehe auch die Laienbühne als geeignete Plattform für Themen mit hoher gesellschaftlicher Brisanz, die in der Unmittelbarkeit der Realität schwer ertragbar und begreiflich sind. Überzeugt hat mich die kluge und äußerst sensible Umsetzung des Stückes Frostnacht, die das Thema Machtmissbrauch nicht vordergründig und oberflächlich abhandelt, sondern auf Hintergründe und Zusammenhänge zielt.

Doris Heinisch (Anna)

Als Verena mich eines Tages überraschend fragte, ob ich bei einem Theaterstück mitmachen wollte, war ich begeistert, da sich mir die Chance bot trotz meiner schauspielerischen Unerfahrenheit als Neuling bei der „komischen Gesellschaft“ mitzuspielen. Nachdem ich das Stück gelesen hatte, fühlte ich mich jedoch angesichts der Thematik zunächst beklommen, zumal ich Schwierigkeiten hatte, mich mit der Rolle der Therapeutin Anna anzufreunden, deren Verhalten ich zu Beginn als unprofessionell empfand. Erst nach und nach konnte ich mich in meine Rolle einfinden, wobei mir insbesondere auch unsere Regisseurin und meine Mitspieler/innen halfen.

Anselm von Huene (Sven)

Sven ist in zweifacher Hinsicht eine Randfigur: Zum einen erscheint er nur in einer Szene, zum anderen ist er der Einzige “Normale”. Das war auch der Anreiz für mich, diese Rolle zu spielen. Sie bot mir den nötigen Spielraum, um mich dem schwierigen Thema anzunähern.

Stephan Konrad (Jan-Erik)

Jan-Erik tut nicht gut, er spaltet und haftet sich an. Ich kann ihn abschütteln. Maria kann das nicht. Jan-Erik hat viele Gesichter. Auf der Bühne hat er meins.

Verena Peck (Maria)

Im Laufe der Probenarbeit wurde es für mich eine zunehmende Herausforderung in eine dermaßen verletzte Seele zu schlüpfen. Mit Marias Schmerz kam ich definitiv an meine persönlichen Grenzen. Ich weiß, dass der von mir stellvertretend für Maria auf die Bühne gebrachte Kummer nur ein winziger Bruchteil dessen sein kann, was Maria tatsächlich empfinden muss. Ich selbst darf nach den Proben und Aufführungen aus meiner Rolle wieder aussteigen – Maria trägt diese tiefen Verletzungen ihr Leben lang.

Susanne Pienkowski (Eva)

Eva war mir sehr fremd. Während der Proben lernte ich jedoch die verschiedenen Facetten ihrer Gefühlswelt kennen und so wurde die Rolle für mich spielbar. Diese Annäherung war spannend aber auch belastend. Es tat gut, die Rolle immer wieder abzulegen zu können.

Gedanken zum Stück aus dem Blickwinkel der Regie

Es beginnt mit einer durchaus normalen Familiensituation in gut bürgerlichem Hause, eine typische Szene eines Elternpaares mit ihrer pubertierenden Tochter.

Beide, Vater wie Mutter sind intensiv und ernsthaft um das Wohl ihrer Tochter Maria bemüht. Besonders der Vater Jan-Erik widmet sich ihr liebevoll und engagiert. Die Mutter Eva lässt sehr bald erkennen, dass es ihr in erster Linie um ein reibungslos funktionierendes, harmonisches Familienleben geht.

Zunächst ist man versucht, mit den Eltern zu sympathisieren und die Tochter als undankbar und äußerst kränkend zu erleben. Maria begegnet ihren Eltern sowie ihrem Freund Sven abweisend, provokant zynisch und aggressiv. Wenn man jedoch aufmerksam hinschaut, geschieht dies immer auffallender in einem Maß, das über das normale Abgrenzungsbedürfnis pubertierender Jugendlicher hinausweist und eine tiefe Verstörtheit ahnen lässt.

Ein Rückblick bestätigt diesen Eindruck. Maria befindet sich aufgrund eines Suizidversuchs in einer psychiatrischen Klinik.

Wer Aufklärung erwartet, sieht sich stattdessen immer mehr mit einer komplexen, subtil erzählten Geschichte konfrontiert. Einblicke in familiäre Situationen und die verschlüsselten Äußerungen Marias, ihren Eltern und vor allem ihrer Therapeutin gegenüber, geben zunehmend zu der Befürchtung Anlass, dass es hier unter dem Deckmantel familiärer Fürsorge um ein entgleistes Verhältnis zwischen Vater und Tochter geht.

Dem Autor gelingt es eindrucksvoll, das Dilemma zu vermitteln, das sich auftut, wenn keine eindeutigen Hinweise existieren, die Ahnung eines Missbrauchs elterlicher Macht jedoch immer erdrückender wird.

Dieses Dilemma aufzuzeigen, scheint mir eines der Hauptanliegen dieses Stückes zu sein. Es manifestiert sich in eindrucksvoller Weise im Handeln der Therapeutin Anna.

Da Elternrecht Vorrang vor Kinderrecht hat, muss sie das Mädchen auf Drängen der Eltern gegen dessen Willen nach Hause entlassen. Somit gelangt Anna an die Grenzen ihrer Handlungs-möglichkeiten. Maria erlebt das Verhalten ihrer Therapeutin als Verrat und Vertrauensbruch. Annas Erklärung, sie könne die Eltern nicht hindern, wenn Maria ihr keinen Grund dafür gebe, macht deutlich, dass nicht die Tat das Tabu ist, sondern das Reden darüber.

Es stellt sich die Frage, ob das Gefühl der Ohnmacht, das sich in einem solchen Moment einstellt, das weitere Handeln der Therapeutin rechtfertigt. Annas Entscheidung, wichtige therapeutische Regeln zu ignorieren, suggeriert Aussichtslosigkeit und scheint ihrerseits übergriffiges Verhalten unter erschwerten Bedingungen zu rechtfertigen.

„Therapeutenschelte“ würde allerdings auf eine falsche Fährte führen, da sie ablenkt vom eigenen Umgang mit dem auch gesellschaftlich relevanten Tabu.

Wir haben uns für das Stück „Frostnacht“ entschieden, weil es uns ein Anliegen ist, dieses Tabu zu ächten und das Schweigen zu brechen.

Der Autor

Staffan Götestam lebt in Stockholm. Schauspielausbildung (1971 – 72), erstes Engagement in Göteborg. Er ist heute als Komponist, Regisseur und Autor für Rundfunk, Film, Fernsehen und Theater tätig. Zusammen mit Astrid Lindgren richtete er viele ihrer Bücher für die Bühne ein und setzte sie in Szene. Seine Verfilmung von „Nils Karlsson Däumling”, für die er auch das Drehbuch verfasste, wurde bei internationalen Filmfestspielen wiederholt ausgezeichnet. „Frostnacht“ ist der erste Teil einer Trilogie. Die Uraufführungen der ersten beiden Teile fanden unter dem Titel „Fågelpappan” (Frostnacht) 1985 und „Gränsland” (Grenzland) 1987 unter seiner Regie im Puck-Theater in Stockholm statt.

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